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Erfahrungsberichte Vol. 2 der soziokratischen Klassensprecherwahlen


Zu Beginn des Schuljahres veranstalteten Gyuri Bárány, Stefan Voth und Lisa Praeg einen zwei-teiligen Workshop, um Lehrkräften und Lehramtsstudierenden das Format der soziokratischen Klassensprecherwahl vorzustellen und um die Erfahrungen der Teilnehmenden im zweiten Teil gemeinsam zu reflektieren.


Drei Teilnehmerinnen teilen ihre Erfahrungen:


Sophia Bonomo ist Lehrkraft an einer neuen Mittelschule im Burgenland. Im Rahmen ihres Masters an der AAU Klagenfurt „Global Citizenship Education“ ist sie auf die soziokratische Klassensprecher*innenwahl gestoßen.


 

Wir als basisdemokratische Gruppe fanden den Workshop zur soziokratischen Wahl deshalb so wichtig, weil es einen wichtigen Einblick in alternative Entscheidungsfindung bringt.

Solche werden leider in Schulen auf andere Art nicht aufgezeigt. So profitieren nicht nur die Studierenden* davon, sondern auch die Schüler*innen.


Marlaine für die StRV/IGGeschichte

 

Elisabeth M., unterrichtet ebenso an einer neuen Mittelschule im Bezirk Bregenz und berichtet folgendes:


"Durch Zufall stieß ich auf den Workshop zur offenen KlassensprecherInnenwahl mit Lisa, Stefan und Gyuri. Ich hatte noch keine Erfahrung mit den Ideen der Soziokratie, fühlte mich aber durch die Online-Einführung super vorbereitet, eine solche KlassensprecherInnenwahl durchzuführen. Gesagt, getan – bereits in der ersten Schulwoche führte ich mit meiner Klasse (7. Schulstufe) nach ausführlicher Erklärung die KlassensprecherInnenwahl auf diese Weise durch. Die 21 SchülerInnen waren gespannt und hörten aufmerksam zu, als ich von der Idee erzählte, das Klassensprecherteam heuer so wählen zu lassen, dass jedeR SchülerIn damit einverstanden ist. Nach einer kurzen Einführung starteten wir gleich mit der Durchführung. Vor jeder einzelnen Phase erklärte ich, was jetzt kommen würde. Mein Kollege notierte sowohl den geplanten Ablauf in Stichworten an der digitalen Tafel, später auch die Vorschläge und dazugehörigen Begründungen.


Obwohl wir das Formulieren von Argumenten und das Äußern der eigenen Meinung oft üben, erwartete ich, dass die Schülerinnen und Schüler sich eher zurückhalten. Aber weit gefehlt! Es hagelte gegenseitig Komplimente und jedeR hatte gute Gründe für seinen/ihren Vorschlag. Ich habe als Leitung das Ziel gesetzt, dass wir zum Schluss ein gutes Klassensprecherteam bestehend aus einem Mädchen und einem Jungen haben. So wurden in der ersten Runde viele verschiedene einzelne SchülerInnen und auch Teams vorgeschlagen. Es war mir auch wichtig, in dieser ersten Runde wirklich jedeN SchülerIn der Reihe nach anzuhören. In der zweiten Runde kristallisierten sich dann zwei Teams heraus, wobei für das eine Team mehr Argumente und SchülerInnen sprachen. Überrascht hat mich, dass die Regel „Es gibt nur positive Argumente, keine negativen Äußerungen über die vorgeschlagenen Personen“ sehr gut eingehalten wurde. So mussten mein Kollege und ich kaum eingreifen, wir assistierten lediglich beim Formulieren der Begründungen.

Die Konsent-Findung verlief harmonisch und ohne Enthaltungen. Ich legte das Ergebnis in die Verantwortung der Klasse, d.h. mein Kollege und ich hielten uns sehr zurück. Gleichzeitig betonte ich, dass es eine Entscheidung der ganzen Klasse ist und daher auch von jedem Einzelnen und jeder Einzelnen getragen werden muss. Mein Kollege und ich sind der Meinung, dass dieses Team in einer Mehrheitswahl nicht zustande gekommen wäre.


Das nun gewählte Klassensprecherteam spürt, dass ihnen die ganze Klasse den Rücken stärkt. „Oha, ich hätte nicht gedacht, dass ich so gut geeignet bin.“ (frisch gewählter Klassensprecher, 12 Jahre)

Da ich erwartete, dass dieser Prozess einige Zeit in Anspruch nehmen würde, legten wir die Rollenbeschreibung auf den einen und die Erklärung mit Wahl auf den anderen Tag. Insgesamt benötigten wir ca. 3 Schulstunden. Die Doppelstunde am zweiten Tag war für die SchülerInnen grenzwertig lang. Allerdings zeigten sie sich interessiert und haben Lust, wieder einmal diese Art von Wahl anzuwenden. Auch ich möchte diese Prozesse forcieren, da ich mir im Rahmen der KlassensprecherInnenwahl nicht sicher war, ob wirklich jedeR TeilnehmerIn seine Einwände ausdrückte. Die Klasse und ich gehen davon aus, dass derartige Entscheidungsfindungen in Zukunft kurzweiliger werden, da sie sich mehr auf die Argumente als auf den Prozess und dessen Ablauf konzentrieren können."



 


Carina, Schulleitung einer Volkschule im Bezirk Bregenz berichtet über das Einzelcoaching und ihre Erfahrungen mit der anschließenden Wahl:

"Das Coaching war nochmals hilfreich um Fragen zu stellen, denn in der konkreten Umsetzung war mir einiges davor noch nicht ganz klar.

Vor allem, dass ich alle Argumente welche die Schüler nennen, sichtbar und stichwortartig aufschreibe. Die Argumente der ersten Runde bleiben auch in der 2. Runde stehen. Ebenfalls war ich noch unsicher wie wir zu einem Konsent kommen, wenn z.B. 6 Kinder in der 2. Runde für einen Konsent übrigbleiben. Gyuri hat mir geraten, einen Konsent zu finden für die Person mit den meisten Argumenten beziehungsweise die Person wo ich denke, dass sie am ehesten einen Konsent bekommt. Eine andere Möglichkeit wäre es auch die Schüler zu fragen, wer einen Vorschlag für einen Konsent machen möchte.


Wenn ein Kind nicht sprechen möchte, werde ich ihm sagen, dass es noch überlegen kann. Kein Kind wird gezwungen zu sprechen, wenn es nicht will. Bezüglich der Länge der Wahl war ich sehr skeptisch. Gyuri hat mir versichert, dass es auf jeden Fall möglich ist, die Wahl an mehreren Tagen durchzuführen. An einem Tag besprechen wir die Aufgaben eines/r Klassensprechers/in. Am nächsten Tag führen wir die erste Runde durch. Falls die Konzentration da ist, kann auch gleich Runde 2 darauf folgen. Falls nicht wird diese vertagt und mit dem Finden des Konsent auf den dritten Tag gelegt.


Des Weiteren hat Gyuri mir empfohlen, nach Abschluss der Wahl zu reflektieren. Wie ist es den Kindern emotional gegangen? Gyuri hat mir die Idee zu einer Vorübung mit den Kindern gegeben. Jeder soll etwas Positives über sich und seinen Sitznachbarn sagen. Dies ist wichtig, da die Argumente in der Soziokratie immer für jemanden sprechen sollen. Die Einwände sehen wir als Geschenk – sie sollen aber auch so formuliert sein, dass wir alle etwas davon haben. Möglicherweise auch rückfragen – Was brauchst du um mitzugehen? Es muss nicht die Wunschvorstellung sein.


Im Großen und Ganzen fühle ich mich nach dem Coaching mit Gyuri gut vorbereitet, die soziokratische Klassensprecherwahl durchzuführen. Vielen Dank für die wertvollen Tipps und das Beantworten meiner Fragen."


 



 

Ich möchte mich für den gelungenen Workshop bedanken. Ich war nach der letzten Einheit irgendwie entschleunigt, die 2,5 Stunden sind wie im Flug vergangen. Ihr habt Großartiges vor und wünsche euch und in weiterer Folge natürlich uns (allen), dass euer großes Vorhaben gelingt.


Vielen Dank für eure Bemühungen

Beste Grüße Florian

Teilnehmer


 

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